Papa betreut das Kind und zahlt auch Unterhalt

Solange die Kinder wirtschaftlich nicht auf eigenen Füßen stehen können, sind Vater und Mutter unterhaltsverpflichtet. Wenn sich die Eltern getrennt haben, gilt der Grundsatz, dass ein Elternteil die Kinder betreut, der andere Elternteil Kindesunterhalt zahlt.

Von dieser Grundannahme gibt es dann eine Ausnahme, wenn ein Elternteil deutlich mehr verdient als der andere Elternteil. Aktuelles Beispiel dazu: es geht um Unterhalt für zwei minderjährige Söhne, die Kindesmutter ist angestellte Rechtsanwältin und erzielt ein vom Gericht berücksichtigtes Nettoeinkommen in Höhe von rund 2200 Euro. Der Kindesvater ist Arzt in der Schweiz. Bei ihm leben die beiden minderjährigen Kinder. Der Vater erzielte ein Nettoeinkommen in Höhe von über 160.000 Schweizer Franken. Dies sind umgerechnet rund 135.000 Euro, monatlich daher ca. 11.400 Euro.

Da die Lebenshaltungskosten in der Schweiz deutlich höher sind als in Deutschland hat das Oberlandesgericht (OLG) Dresden in einer aktuellen Entscheidung vom 4. Dezember 2015 (Zeichen 20 UF 875/15) entschieden: da das Preisniveau für Verbrauchsgüter und Dienstleistungen in der Schweiz um rund ein Drittel höher als in Deutschland liege, sei das Nettoeinkommen entsprechend um ein Drittel zu kürzen. Es verbleibe dann ein vergleichbarer Betrag in Höhe von gut 7500 Euro.

Das Einkommen des Vaters liegt daher um mehr als das dreifache über dem der Kindesmutter, so das es angemessen ist, dass der Vater neben der Betreuung der beiden Söhne diesen auch Unterhalt zahlt. Die Kindesmutter muss sich also weder um die Betreuung ihrer Kinder kümmern noch muss sie Unterhalt zahlt. Der Vater trägt die Doppelbelastung. Angesichts der wirtschaftlichen Überlegenheit des Vaters sei dies jedoch angemessen, so das OLG.

Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Henning Gralle – Fachanwaltskanzlei Seidelmann, Garms und Gralle, Alexanderstraße 111, Oldenburg. Tel. 0441/96 94 81 40 oder gralle@fachanwaelte-ol.de. Weitere Infos: www.fachanwaelte-ol.de

Verdienstunterschied spielt große Rolle

Firmenwagen zu teuer – deshalb mehr Kindesunterhalt?

In einem aktuellen Fall war es so, dass der Vater einen BMW 318 xdrive mit Allradantrieb im Wert von knapp 50 000 Euro fuhr. Er nutzte den Wagen als Dienstwagen. Der Vater war seinen drei minderjährigen Kindern und seiner nicht erwerbstätigen Ehefrau nach der Trennung zum Unterhalt verpflichtet. Er hat geltend gemacht, dass er privat einen wesentlich kleineren Wagen der unteren Mittelklasse nutzen würde, nicht jedoch einen BMW im Wert von rund 50 000 Euro. Deshalb sei sein Einkommen nicht um den Wert des Fahrzeugs zu erhöhen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat in einer Entscheidung vom Herbst vergangenen Jahres (Aktenzeichen 2 UF 69/15) dem Kindesvater recht gegeben, dass das Auto nicht in Höhe von knapp 500 Euro dem monatlichen Einkommen zuzurechnen ist, sondern lediglich in Höhe von 350 Euro. Dies wäre der angemessene Betrag für einen Kleinst- und Kleinwagen nach ADAC-Tabelle, den der Kindesvater monatlich bei einem Privatwagen aufbringen müsste (Finanzierungs- und Unterhaltungskosten). Diesen Betrag würde er aufgrund der Nutzung des Dienstwagens sparen. Eine Hinzurechnung von 500 Euro monatlich (ein Prozent des Kaufpreises des Dienstwagens) sei jedoch zu hoch. Dieser Wert stelle eine aufgedrängte Bereicherung für den Kindesvater und Ehemann dar.

Im Ergebnis musste der Vater nach der Entscheidung des OLG Karlsruhe lediglich Einkommen nach der Einkommensgruppe 2 der Düsseldorfer Tabelle und nicht nach der Gruppe 3 zahlen. Bei drei minderjährigen Kindern macht sich dieser Betrag in Höhe von rund 1000 Euro im Jahr angesichts der neuen knappen finanziellen Verhältnisse beim Vater bemerkbar.

Im Ergebnis ist also festzuhalten: Wenn ein Unterhaltsverpflichteter sich einen teuren Firmenwagen privat nicht leisten kann, muss unter Berücksichtigung der familiären Verhältnisse betrachtet werden, welchen Wagen der Vater privat theoretisch fahren würde. Auch ist zu berücksichtigen, ob der Arbeitgeber aus Repräsentationszwecken einen Wagen wünscht, der nicht nur einen Kleinstwagen darstellt. Wenn der Firmenvertreter mit dem Audi A6 vorfährt, macht dies aus Sicht der Firma einen besseren Eindruck als ein veralteter Renault Twingo.

Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Henning Gralle – Fachanwaltskanzlei Seidelmann, Garms und Gralle, Alexanderstraße 111, Oldenburg. Tel. 0441/96 94 81 40 oder gralle@fachanwaelte-ol.de. Weitere Infos: www.fachanwaelte-ol.de

NWZ-Beitrag RA Gralle: Firmenwagen