Hohes Einkommen – hoher Kindesunterhalt

Familienrecht – keine Einkommenskürzung wegen 60-Stunden-Woche

Die Unterhaltsansprüche eines Kindes richten sich nach dem Einkommen der Eltern. Abgesehen von den seltenen Fällen eines von den Eltern praktizierten Wechselmodells, also einer zeitlich nahezu gleichen Betreuung des Kindes, richtet sich die Höhe des Barunterhalts nach dem Einkommen des Elternteils, der das Kind nicht betreut. Der betreuende Elternteil, meist die Mutter, erbringt die Unterhaltsleistung durch die Versorgung und Verpflegung des Kindes.

Sohn profitiert vom hohen Einkommen

In einem aktuellen Fall aus Düsseldorf stritt der Vater eines 14-jährigen Sohnes mit der Kindesmutter um die Höhe des Unterhalts. Der Vater, als Patentanwalt in Düsseldorf selbstständig tätig, erwirtschaftete nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern in den vergangenen Jahren ein Nettoeinkommen zwischen 7000 und 9000 €. Hieraus ermittelten sich Unterhaltsforderungen des Sohnes in Höhe von bis zu 1000 € monatlich.

Das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 20.12.2022, Aktenzeichen 1 UF 78/22) hat festgehalten, eine Einkommenskürzung ausscheidet. 

Der Vater war der Auffassung, dass er als selbstständiger Anwalt in Düsseldorf monatlich 60 bis 70 Stunden arbeite und daher über die übliche Erwerbsverpflichtung von 40 Stunden wöchentlich hinaus tätig sei. Diese überobligatorischer Tätigkeit müsse dazu führen, dass sein Einkommen zu kürzen sei auf einen Betrag, der einer Tätigkeit aus einer 40 Stunden-Arbeitswoche entspreche. Er dürfe als Vater nicht schlechter gestellt werden als ein abhängig Beschäftigter mit einer üblichen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Dem ist das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht gefolgt und stellt fest:

60-Stunden-Woche nicht überobligatorisch 

Eine – wie auch immer bemessene – Kürzung der Gewinneinkünfte ist auch unter dem Gesichtspunkt einer überobligatorischen Tätigkeit nicht gerechtfertigt. Allein der zeitliche Umfang der Tätigkeit rechtfertigt bei freiberuflich Tätigen nicht den Schluss auf eine über das unterhaltsrechtlich geschuldete Maß hinausgehende Tätigkeit. Denn Freiberufler sind in aller Regel nicht lediglich im Umfang tariflicher Arbeitszeiten, sondern generell deutlich umfangreicher erwerbstätig, so dass – insbesondere auch bezogen auf die hochqualifizierte Tätigkeit als Patentanwalt – schon nicht von einer das übliche Maß deutlich überschreitenden zeitlichen Inanspruchnahme ausgegangen werden kann. Hinzu kommt, dass Freiberufler im Hinblick auf ihre im Vergleich zu abhängig Beschäftigten größere Dispositionsfreiheit bezüglich der Lage ihrer Arbeitszeit von einem größeren Arbeitsvolumen nicht so sehr in ihren Interessen beeinträchtigt werden wie abhängig Beschäftigte, so dass die zeitliche Inanspruchnahme des Antragsgegners für sich genommen nicht in dem Sinne als überobligationsmäßig gewertet werden kann, dass eine Herabsetzung des Einkommens des Antragsgegners und damit eine Schmälerung des Kindesunterhalts sachgerecht und angemessen wäre.

Fazit:

Einkommen ist überobligatorisch, wenn eine Tätigkeit ausgeübt wird, obwohl für sie keine Erwerbsobliegenheit besteht. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie jederzeit beendet werden darf.  Aufgrund der Erwerbspflicht ist der Vater im vorliegenden Falle gehalten, alle zumutbaren Einkünfte zu erzielen, dazu zählen auch Einkünfte aus einer anwaltlichen Tätigkeit, die über eine 40-Stunden-Woche hinaus geht.