Zweijähriges Kind ist vor Raketen zu schützen

Der Ukraine-Krieg wirkt sich auch auf das Familienrecht in Deutschland aus, wie folgender Fall zeigt:

Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern einer 2-jährigen Tochter lebten bis zum März 2022 gemeinsam in Odessa im Süden der Ukraine. Nach Ausbruch des Krieges floh die Mutter mit der Tochter nach Deutschland. Der Vater war mit dem Wechsel des Aufenthaltsortes nach Stuttgart nicht einverstanden und begehrte die Rückführung des Kindes in die Ukraine, da die Mutter durch die Ausreise ohne seine Zustimmung das Mitsorgerecht verletzt habe. Die Mutter meint, dass es zu gefährlich sei, mit der Tochter in ein Kriegsgebiet zurückzukehren.

Widerrechtliches Verbringen nach Deutschland

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart (Aktenzeichen 17 UF 186/22) hat in einer aktuellen Entscheidung der Kindesmutter recht gegeben und den Rückführungs-Antrag des Vaters zurückgewiesen.

Das OLG stellt zunächst fest, dass die Flucht aus der Ukraine nach Deutschland mit der Tochter gegen den Willen des Vaters ein widerrechtliches Verbringen des Kindes darstellt. Vorliegend sei jedoch nachgewiesen, dass eine Rückführung des Kindes in die Ukraine mit einer schwerwiegenden Gefahr des körperlichen und seelischen Schadens verbunden wäre.

Die aktuelle Kriegssituation, der Beschuss auch der Westukraine, in die der Vater mit seiner Tochter verziehen will, durch russische Raketen sowie die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes für die Ukraine seien ausreichende Gründe, dass Kind nicht in ein Kriegsgebiet zurückführen zu lassen. Raketenangriffe, so dass OLG, seien in der Westukraine in Zukunft jederzeit möglich und auch wahrscheinlich.

Schutz des Lebens steht über Elternrecht

Die Umstände in der Ukraine gefährden das höchste Rechtsgut des Kindes, nämlich dessen Leben. Angesichts der Kriegshandlungen ist nicht nur mit einer Verängstigung des noch nicht 2 Jahre alten Kindes zu rechnen, sondern auch mit einer unzureichenden ärztlichen Versorgung.

Das OLG hat die vom Vater darüber hinaus beantragte Rückführung in die Republik Moldawien ebenfalls abgewiesen, da das Gesetz keine Rückführung in ein anderes Land als das des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes zulasse. Dies sei vorliegend ausschließlich die Ukraine als bisheriger Wohnsitz des Kindes.