Unterhalt des Vaters im Wechselmodell

Wenn Väger ihr Kind viel betreuen und trotzdem viel bezahlen

Minderjährige Kinder getrennter Eltern leben – so bisher – meist nur bei einem Elternteil und zwar in der Regel bei der Mutter. Grundsätzlich ist dann der Vater als nicht betreuender Elternteil verpflichtet, vollen Kindesunterhalt unter Berücksichtigung des hälftigen Kindergeldes in der Regel nach der Düsseldorfer Tabelle zu zahlen. Dies gilt unabhängig von dem Umfang der Betreuungsleistungen. Damit verbleibt es bei der Pflicht zum Unterhalt des Vaters im Wechselmodell. Dies kann in Fällen der heute üblichen Betreuungsmodelle, in denen sich der überdurchschnittlich engagierte Vater besonders stark um sein Kind kümmert, zu einer ungerecht empfundenen Benachteiligung führen, wohingegen im echten Wechselmodell, bei dem sich Mutter und Vater die Betreuung des Kindes zu nahezu gleichen Teilen aufteilen, der Barunterhalt auf beide Eltern aufgeteilt 

Echtes Wechselmodell?

Ab wann jedoch liegt ein echtes Wechselmodell vor? Nach einem aktuellen Beschluss des Kammergerichtes Berlin vom 15.04.2019 (Aktenzeichen 13 UR 89/16) liegt jedenfalls eine nahezu gleiche Betreuungsleistung dann nicht vor, wenn diese durch beide Elternteile im Verhältnis 45 zu 55 Prozent aufgeteilt ist. Aus diesem Grund verbleibt es nach Ansicht des Kammergerichtes bei der Pflicht zum Unterhalt des Vaters im Wechselmodell.

Das Kammergericht stützt sich dabei auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss vom 05.11.2014, Az. XII ZB 599/13), wonach die Reglung – ein Elternteil betreut, der andere Elternteil zahlt – so lange nicht in Frage zu stellen ist, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Verfahren betrug der Betreuungsanteil des mitbetreuenden Elternteils 46,67 Prozent. 

Hiermit verknüpft ist das Problem, dass der Elternteil, dessen Betreuungsquote über 40 Prozent liegt, aber noch nicht die vom Bundesgerichtshof geforderte 50:50 Aufteilung erreicht, eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung (zum Beispiel für Ernährung, Kleidung, Kosten der Freizeitgestaltung) trifft und der andere Elternteil davon freigestellt ist. Inwieweit diese Kosten durch eine Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen, so wie vom Bundesgerichtshof vorgeschlagen, ausgeglichen werden, bleibt dem Einzelfall vorbehalten und ist im Falle einer gerichtlichen Entscheidung eher kritisch zu beurteilen. 

Autor dieses Beitrages ist Rechtsanwalt Henning Gralle, zugleich Fachanwalt für Familienrecht www.fachanwalt-gralle.de