Alleinsorge der Mutter trotz Vollmacht des Vaters

Die Eltern, gleich ob verheiratet oder in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebend, sind verantwortlich für ihre gemeinsamen Kinder. Grundsätzlich haben sie gemeinsam die Verantwortung zu tragen, also die elterliche Sorge wahrzunehmen. Dies betrifft sowohl die Frage des Lebensmittelpunktes als auch Fragen im schulischen oder gesundheitlichen Bereich.

Wenn zwischen den Eltern Streit besteht und eine Kommunikation und Kooperation nicht mehr möglich ist, kommt die Übertragung der Sorgeverantwortung auf einen Elternteil in Betracht. Aktueller Fall dazu: der Kindesvater eines zehnjährigen Sohnes hat die Mutter mit einer schriftlichen Vollmacht bevollmächtigt, ihn, den Kindesvater, in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten zu vertreten. Mit dieser schriftlichen Vollmacht wollte er vermeiden, dass das Familiengericht die elterliche Sorge auf die Mutter allein überträgt. Die Kindesmutter war jedoch mit der Erteilung der Vollmacht nicht einverstanden und hielt diese gegenüber der Alleinsorge für nicht ausreichend.

Zu Recht, wie in einer aktuellen Entscheidung das Oberlandesgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 18 UF 181/14) entschieden hat. Die Familienrichter haben deutlich gemacht, dass eine Vollmacht nur dann Bestand hat und eine gerichtliche Entscheidung vermieden werden kann, wenn die Vollmacht auf der Grundlage einer Vereinbarung der Eltern erteilt wurde. Eine zum Wohl des Kindes erteilte Sorgerechtsvollmacht setzt insbesondere voraus, dass die Mutter auch bereit ist, die sorgerechtliche Verantwortung für den anderen Elternteil zu übernehmen und vor allem auch die damit verbundenen Informations- und Rechenschaftspflichten zu erfüllen. Die Ausübung der elterlichen Sorge kann deshalb sinnvoll und zum Wohle des Kindes nur im Einvernehmen der Eltern auf einen Elternteil übertragen werden.

Eine Vereinbarung zwischen den Eltern im Sinne einer Vollmacht beinhaltet auch ein gegenseitiges Vertrauensbekenntnis, das vorliegend aufgrund der fehlenden Kontakte des Vaters zu seinem Kind und der fehlenden Kooperationsfähigkeit mit der Mutter nicht vorhanden sei.

Die Karlsruher Richter haben daher die Vollmachterteilung des Vaters als nicht ausreichend erachtet, weil die Mutter mit der Erteilung der Vollmacht nicht einverstanden sei und die Vollmacht gegenüber der Alleinsorge für nicht ausreichend erachte. Die Mutter akzeptiere gerade nicht, dass der Vater weiterhin Mitsorgeberechtigter bleibe.

Im Ergebnis hat das Gericht daher die alleinige elterliche Sorge für das Kind auf die Mutter übertragen. Die Vollmacht ist wirkungslos.

 Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Henning Gralle – Fachanwaltskanzlei Seidelmann, Garms und Gralle, Alexanderstraße 111, Oldenburg. Tel. 0441/96 94 81 40 oder gralle@fachanwaelte-ol.de. Weitere Infos: www.fachanwaelte-ol.de

NWZ Beitrag Rechtsanwalt Gralle