Kein Umgang gegen den Willen des Kindes

Grundsätzlich hat jeder Elternteil das Recht zum Umgang mit seinem Kind. Ein Ausschluss dieses Rechts kommt nur in Betracht, wenn das Wohl des Kindes durch den Umgang gefährdet wäre.

Das Umgangsrecht darf nur dann ausgeschlossen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwenden.

Über einen entsprechenden Fall hatte das Berliner Kammergericht (Aktenzeichen 3 UF 159/12) nunmehr zu entscheiden. Der 16-jährige Sohn und die 13-jährige Tochter des Kindesvaters lehnen jeden Kontakt mit dem Vater kategorisch ab. Der Sohn ließ sich auf keine Besprechungen mit dem Vater ein, auch Mitarbeiter des Jugendamtes konnten ihn nicht davon überzeugen, mit dem Vater zu reden. Der Sohn lehnt jegliche Teilnahme des Vaters an seinem Leben ab. Das aggressive Verhalten des Vaters während der vergangenen Jahre, so der Sohn, habe er als übergriffig und respektlos empfunden. Der Sohn erwartet nicht, dass der Vater den Willen seiner Kinder und der Kindesmutter respektiere. Auch die Tochter lehnt jeglichen Kontakt ab, auch Briefkontakt. Vor allem wolle sie nicht, dass der Vater zu ihrer Schule gehe. Er solle aufhören, sie zu nerven.

Das Berliner Gericht hat deutlich gemacht, dass die Entscheidungen der Teenager zu respektieren sein. Die Äußerungen der beiden Kinder entsprechen auch deren unabhängigem Willen. Dass die Äußerungen der beiden Kinder einstudiert wären und sie damit ihre wahre seelische Haltung verdecken wollten, kann angesichts des Alters von 13 und 16 Jahren sowie der Bestimmtheit, Häufigkeit und Nachdrücklichkeit der Willensäußerung gegenüber dem Gericht und den Behörden ausgeschlossen werden.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der Ausschluss des Umgangs eines Elternteils mit seinem Kind gerechtfertigt sein kann, wenn das Kind den Umgang mit dem Elternteil vehement ablehnt und anzunehmen ist, dass eine Missachtung dieses Willens das Wohl des Kindes gefährdet. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn das Kind das 12. Lebensjahr überschritten hat und angenommen werden kann, dass der geäußerte Wille seinen tatsächlichen Bindungen entspricht.

 

Autor: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Henning Gralle – Fachanwaltskanzlei Seidelmann, Garms und Gralle, Alexanderstraße 111, Oldenburg. Tel. 0441/96 94 81 40 oder gralle@fachanwaelte-ol.de. Weitere Infos: www.fachanwaelte-ol.de

Artikel NWZ